Kurator42: Der Newsletter #06/23
+++ Silo +++ Tiefgefrorene Köpfe +++ Steve Jobs +++ Dallas +++ Echsenmenschen +++ und mehr +++
Film-, Serien und Schautipps
Eine globale Katastrophe hat die Erde unbewohnbar gemacht – zumindest die Oberfläche. Ein kleiner Teil der Menschheit hat jedoch in einem riesigen Bunkerkomplex überlebt, der 144 Stockwerke in die Tiefe ragt. Wie lange schon? Das kann keiner mit Sicherheit sagen. Bei einem Aufstand gingen einst alle Aufzeichnungen verloren. Seitdem herrscht ein totalitäres System, das für Ordnung sorgt. Bei manchen Bunkerbewohnern wächst jedoch die Skepsis gegenüber der Führung. Auch Juliette Nichols vermutet, dass ihr und anderen etwas verheimlicht wird. Als sie plötzlich zum Sheriff ernannt wird, eröffnet sich ihr plötzlich die Möglichkeit, nachzuforschen. Das gefällt nicht jedem.
Silo basiert auf einer ursprünglich Wool genannten Reihe von Kurzgeschichten und Novellen des Autors Hugh Howey, die mittlerweile als drei Bücher zusammengefasst sind. Sowohl die Romanreihe als auch die Serie sind nicht revolutionär oder überschwänglich originell. Aber sie schaffen eine einfangende Atmosphäre und zeichnen eine faszinierende Geschichte mit zahlreichen kleinen Mysterien. Dazu ist die Serie durchaus imposant inszeniert und mit Rebecca Ferguson, Tim Robbins und Iain Glen gut besetzt.
Silo ist auf Apple Plus verfügbar.
Ein Film über einen Film. Oder eher: Ein Film darüber, wie es zu einem Film kam, das ist The Disaster Artist. Und die Geschichte von The Room klingt auch wirklich unglaublich und vollkommen bizarr. Da trifft der schüchterner Schauspieler Greg Sestero auf den exzentrischen Möchtegern-Star Tommy Wiseau, der ihm anbietet, mit ihm nach Los Angeles zu ziehen. Denn, woher auch immer, hat Wiseau viel Geld in der Hinterhand. Beide versuchen, als Schauspieler irgendwie Fuß zu fassen, aber schaffen es nicht. Wiseau entschließt sich daher, selbst einen Film zu drehen – mit ihm und Sestero in den großen Rollen. Alles bezahlt aus eigener Tasche.
Das Drehbuch zu The Room ist eine Katastrophe, der Dreh ein totales Chaos. Der daraus entstehende Film … einfach furchtbar. Aber er avanciert nach und nach zum Kultstreifen. The Disaster Artist basiert auf den Erinnerungen von Greg Sestero an die surreale Erfahrung und seine unwahrscheinliche und von Dramen gezeichneten Freundschaft mit Wiseau, der bis heute ein Rätsel darstellt. Keiner kennt seine Herkunft oder den Ursprung seines Vermögens. Genau das macht The Disaster Artist zu einer solch faszinierenden Annäherung an eine unmöglich zu fassende Geschichte.
The Disaster Artist ist auf Amazon Prime Video verfügbar.
Podcast-Tipps
Was, wenn es die Chance auf ein zweites Erwachen gäbe; die Möglichkeit, nach dem Tod wiederbelebt zu werden – durch neue Technologien oder medizinische Therapien? Einige Menschen hoffen darauf. Daher wollen sie sich nach ihrem Tod einfrieren lassen. Nicht wenige liegen schon auf Eis. In Frozen Head forschen Alaina Urquhart und Ash Kelley diesen Menschen nach, und auch der Firma, die diese Hoffnung für nicht gerade wenig Geld verkauft.
Im Jahr 1974 fand die Betz-Familie nach einem Buschfeuer eine Metallkugel auf ihrem Grundstück. Die Familienmitglieder nahmen sie mit nach Hause. Sie dachten sich nichts dabei. Bis die Kugel angeblich merkwürdige Dinge tat. Sie machte Geräusche, rollte selbststätig umher und vibrierte auf sonderbare Weise. Als sich Berichte über die Kugel verbreiteten, interessierte sich plötzlich das Militär dafür. Die Journalistin Lindsey Kilbride vom PBS-Sender WJCT geht der skurrilen Geschichte im Podcast Odd Ball nach.
Artikel-Lesetipps
A Towering, Terrifying Demon Horse Isn’t Even the Weirdest Part
Der Denver International Airport ist strange. Das beginnt schon damit, dass die Fluggäste auf dem Weg dorthin von einem riesigen blauen Pferd mit roten Augen begrüßt werden. Im Inneren des Flughafens finden sich zur Eröffnung verstörende Wandgemälde (die mittlerweile entfernt wurden) und Gargoyle-Statuen, die – gelinde gesagt – ziemlich irritierend wirken. Es gibt Gerüchte und Verschwörungstheorien über unterirdische Bunker- und Forschungsanlagen, Aliens und die Illuminati. Ist natürlich alles Blödsinn. Aber das macht den DIA nicht weniger schräg. Wieso der Flughafen so ist, wie er ist, und was das für Folgen hat, diesen Fragen hat sich Tiffany Hsu in der New York Times angenommen.
Lil Nas X Was a Tweetdecker
Wer Lil Nas X nicht kennt, der hat wohl die letzten Jahre unter einem Stein gelebt. Denn zumindest Old Town Road konnte man nicht entkommen. Zu Recht. Ist ein fantastischer Song. Spannend an der Karriere und dem plötzlichen Erfolg von Lil Nas X ist, dass er schon vor seinem Durchbruch ziemlich bekannt war. Denn er hatte einen populären Twitter-Account: @nasmaraj. Auf dem versuchte sich der Künstler als Storyteller, experimentierte mit interaktiven Erzählformen. Er skizzierte die Handlung eines Gefängnisausbruchs, eines Bankraubs und mehr. Seine Geschichten ernteten zuweilen Tausende von Retweets. New York Intelligencer hat die vergessene Twitter-Geschichte von Lil Nas X mal aufgerollt.
Nas Maraj was also well known for his “scenario threads” on Twitter, choose-your-own adventures based on the threaded tweet format. The threads were viral enough that YouTubers would play them for their vlogs and narrate the experience.
Einfach nur V
Vor 40 Jahren startete eine neue Science-Fiction-Serie auf dem Sender NBC, eine Mini-Serie um genau zu sein: V. Es war eine ambitionierte wie auch verstörende Produktion, die von der Ankunft einer außerirdischen Zivilisation auf der Erde erzählt. Sie parken ihre gigantischen Schiffe in der Atmosphäre und stellen sich als friedliche Helfer in menschlicher Gestalt vor. Jedoch handelt es sich bei ihnen in Wahrheit um eine heimtückische Echsenspezies, die die Erde und ihre menschlichen Bewohner ausbeuten will.
Lediglich zwei Folgen umfasste die Original Miniseries, der im Jahr darauf ein Dreiteiler und dann eine wöchentliche Serie folgten. Der Einfluss ist von V war massiv. Die Serie prägte Popkultur und Gesellschaft nachhaltig. Sie stieß seinerzeit Debatten über Faschismus und Widerstand an. Heute sind die Echsenwesen in Menschengestalt für viele Verschwörungstheoretiker ein zentrales Motiv. Daher habe ich mich mal etwas mit der Serie beschäftigt, die in Deutschland viel zu wenige Menschen kennen.
Kram aus dem Netz
Es ist erstaunlich. Fast 22 Jahre ist der 11. September mittlerweile her. Und dennoch finden sich immer wieder neue Artefakte von diesem Tag. Teils weil Menschen mit viel Passion danach suchen – wie etwa nach der Playlist der Songs, die im Plaza der Twin Towers gespielt wurde. Teils aber auch einfach durch Glück, wie eine Aufnahme aus einem Auto heraus, die den Einschlag des ersten Flugzeugs in einen der Türme zeigt. Das Video ist bemerkenswert, weil bislang lediglich eine Perspektive dieses Moments existierte. Aber das Video ist auch gespenstisch, weil es die bizarre Ruhe zeigt, die in den Sekunden vor und nach dem Einschlag herrscht.
Es sollte mal einen Sinbad-Film geben, in dem Mr. T die Hauptrolle spielen sollte. Ja. Nur so, damit ihr Bescheid wisst.
Alexander Kupny ist einer der am stärksten verstrahlten Menschen, die es gibt. Er war zwischen 1988 und 2010 dutzende Male im sogenannten Sarkophag, der über dem havarierten Reaktor des Atomkraftwerks von Tschernobyl errichtet wurde. Freiwillig. Er maß die Strahlung, fotografierte und filmte die Ruinen, so dass Experten die Sicherheit und Gefahr bewerten konnten. Warum das alles? Er war diesem Ort und seiner Wirkung fasziniert, schreibt Atlas Obscura über ihn.
„I didn’t look at the Chernobyl sarcophagus with fear,“ he said over coffee in his hometown of Slavutych, Ukraine. „I saw it as a phenomenon. You can’t study something you fear.“
Warum Streamerinnen auf der Straße sitzen
Wer hin und wieder auf Twitter – oder *schauder* TikTok – unterwegs ist, der hat sie gesehen: die Aufnahmen von jungen Frauen in China, Korea oder auch Japan, die dicht gedrängt mit Ringlichtern entlang von Brücken, Straßen oder Fußgängerzonen sitzen. Wieso nur?! Die Erklärung ist einfach: Moderne Streaming-Plattformen verfügen über eine Standortfunktion. Sie lassen Streamer anzeigen, die in der Nähe sind.
Die jungen Frauen streamen daher an Orten, die eine wohlhabendere Bevölkerung haben und dadurch höhere Spenden versprechen. Wie die chinesische Streamerin Naomi Wu sagt, geht es aber auch um Kollaboration. Streamerinnen helfen sich gegenseitig, treffen sich, um zusammenzuarbeiten … und es sind nicht nur E-Girls. Auch E-Boys machen bei dem hustle mit.
Der Arch Deluxe
Mitte der 1990er hat McDonalds ein Problem. Die Restaurantkette ist zwar erfolgreich, aber Wettbewerber wie Burger King und Wendy’s holen in den USA beim Markanteil auf. Die Manager glauben, sie haben das Problem erkannt: McDonald’s ist zu kindisch … zu sehr sei alles auf Kids zugeschnitten. Mehr Erwachsene müssten in die Restaurants – also freiwillig. Das soll mit erwachsenen Burgern geschehen. Das Flaggschiff: der Arch Deluxe, der vom gefeierten Koch Andrew Selvaggio entworfen wird. In Verkostungstests schneidet der Burger fantastisch ab und wird 1996 eingeführt – begleitet von einer gigantischen Werbekampagne. Über 300 Millionen US-Dollar sollen in den Burger und das Marketing geflossen sein, … der dann aber floppt. Langweilig, fade, einfach nicht sexy finden ihn die Kunden.
NeXTStep, please
Im Jahr 1983 wurde der ehemalige PepsiCo-Werbemann John Sculley zum Chef von Apple. Er und Steve Jobs kamen zunächst gut miteinander aus, aber gerieten wenig später immer wieder aneinander. Bis Steve Jobs an einem Putschversuch gegen den CEO scheiterte – und daraufhin ging. Sein nächster Schritt war sprichwörtlich sein „next step“, die Gründung eines neuen Computerunternehmens namens NeXT.
Das Unternehmen baute seinerzeit ungewöhnliche Computer ganz in Schwarz und stattete sie mit einem neu entwickelten und ziemlich revolutionären Betriebssystem namens NeXTStep aus. Als Apple zunehmend in die Krise geriet, kehrte Jobs über einen Aufkauf von NeXT durch Apple zu seinem alten Unternehmen zurück. NeXTStep wurde zu einem maßgeblichen Teil von Apples Zukunft. Sein Kern bildet auch heute noch die Basis für macOS, iOS und den davon abgeleiteten Varianten.
Ähm, ja, in dem Video oben erklärt Jobs jedenfalls wie das OS funktioniert.
Creepy Aufschnitt
Wo wir schon bei alten instruction videos sind: Ich bin mir nicht sicher, was es genau ist, was das Trainingsvideo der Restaurantkette Old Country Buffet – mutmaßlich aus dem 1990ern – so verstörend macht. Ist es das gezwungene Auftreten des … äh ... Aufschneiders? Die bizarren Beispiele für einen natürlichen Smalltalk mit den Gästen? Oder ist es die generelle Natur und Produktionsart dieses Videos?
Okay, einfach ein Video über alte japanische Automaten, das ich kurz vor knapp noch reingenommen habe. Findet ihr auch gut, oder?
Oh. Ihr habt von Musik gehört, die mit Künstlicher Intelligenz erstellt wird? Auf AIHits.co werden solche Songs gesammelt und können angehört werden. Vieles davon ist Blödsinn, aber manches auch erschreckend gut.
Ihr habt dieses Studio schon gesehen
Ein langer Raum mit Betonboden, erleuchtet durch zahlreiche quadratische Lampen, die in die Decke eingelassen sind. Das ist die Garage von Bruce Wayne in der Batman-Trilogie von Christopher Nolan. Es ist ein cooler Ort, den es wirklich gibt: Es ist eines der Sets der Popsicle Studios in Los Angeles. Und seit der Batman-Reihe wird dieses oft genutzt … sehr oft, wie ich gerade erst festgestellt habe. Es ist in DUTZENDEN von Musikvideos und Werbefilmchen zu sehen. Und in etlichen Fotoanzeigen für Autos und allen möglichen anderen Kram
Wusstet ihr, dass...
… dass Microsoft 2004 einen Rechtsstreit mit einem kanadischen Schüler anzettelte, weil er die Domain MikeRoweSoft.com registriert hatte? Microsoft behauptete, Mike Rowe verletzte mit der Domain die Markenrechte von Microsoft. Die Berichterstattung über den Rechtsstreit ließ Microsoft nicht gut dastehen. Letztlich wurde der Streit mit einem Vergleich beigelegt. Rowe gab die Domain für eine Xbox, mehrere Games und einen Trip nach Redmond, Washington ab.